Klangvolle Kommunikation in den Haßbergen
Lange lag Schloss Weißenbrunn in den Haßbergen im Dornröschenschlaf. Pia Praetorius und ihr Mann Wolfgang Kropp aber haben den Barockbau bei Ebern wachgeküsst und einen Ort geschaffen, an dem Musik eine zentrale Rolle spielt – bei Kammerkonzerten, im Gästehaus und als lustvoller Lebensbegleiter.
Wenn man Wein mit Familiennamen (und Sisi mit Vornamen) heißt, passt es wunderbar, wenn man über den Frankenwein schreiben darf. Und über Frankens kulinarische Besonderheiten. Über Natur, Traditionen und Kultur. Und vor allem über die Menschen, die das Urlaubsland so besonders machen. Das tue ich, seitdem ich vor rund 20 Jahren als Journalistin vom Bayerischen Wald in den Naturpark Altmühltal gezogen bin. So vereint meine Arbeit zwei meiner Lieblingsdinge: Schreiben und Reisen – denn noch immer ist jeder Recherche-Besuch in Franken wie Urlaub, bei dem unglaublich spannende und gastfreundliche Menschen meinen Horizont erweitern.
Mit den Hausbesuchen begleiten wir Einheimische bei ihrem täglichen Wirken im Urlaubsland Franken. Heute begebe ich mich mit Pia Praetorius auf eine Klangreise durch Schloss Weißenbrunn.
Es fällt nicht schwer sich vorzustellen, wie das Leben auf Schloss Weißenbrunn im 18. Jahrhundert ausgesehen haben mag: Noble Damen in stattlichem Putz schlendern durch den französischen Barockgarten und erfreuen sich an den duftenden Rosen. Sobald die Herren von der Jagd zurückgekehrt sind, trifft man sich im Salon – um zu kommunizieren und zu musizieren.
Viele Jahre sind seitdem in den Haßbergen vergangen. Die Zeit der adeligen Jagdgesellschaften und musikalischen Zirkel ging zu Ende, Schloss Weißenbrunn wechselte öfters den Besitzer und geriet in Vergessenheit. Bis Pia Praetorius die schlafende Schönheit entdeckte. Zusammen mit ihrem Mann Wolfgang Kropp war die Kantorin und Kirchenmusikerin auf der Suche nach einem Schlösschen, das sie restaurieren konnte. Verschiedene Anwesen hatten sie bereits besichtigt. „Aber in Schloss Weißenbrunn mit seinem Barockgarten und dem alten Baumbestand im Park habe ich mich auf den ersten Blick verliebt“, erinnert sie sich. Und auch die Haßberge selbst haben Pia Praetorius begeistert: „Hier wird die Welt so ruhig. Ich liebe diese angenehme Stille.“
2016 erwarben die beiden das Schloss. Mit viel Fingerspitzengefühl und einem enormen Gefühl für Ästhetik ging das Ehepaar die Restaurierung des Schlosses an. Das obere Stockwerk wurde zum privaten Reich von Pia Praetorius und Wolfgang Kropp, das Erdgeschoss gestalteten sie zu einem Kulturort für Musikliebhaber um.
Die historische Anlage bot sich dafür an; das Schloss liegt eingebettet in die sanfte Hügellandschaft der Haßberge und ist damit Teil des „Deutschen Burgenwinkels“, der im Jahr 2021 sein zehnjähriges Bestehen feierte. Insgesamt 15 Burgen und 26 Schlösser befinden sich in den Haßbergen und erzählen die bewegende Geschichte der Region. Die Landschaft und das reiche kulturelle Erbe machen die Haßberge zu einem idealen, ruhigen und naturnahen Urlaubsgebiet. So durchziehen etwa weitläufige Netze von urigen Wanderwegen und erstklassigen Radstrecken die Region.
Ein Schloss als Kulturort
Herzstück von Schloss Weißenbrunn ist der Musiksalon, der die Besucher in einladendem Orange und mit warmem Licht empfängt. Weiche Sofas laden die Gäste genauso wie die von Pia Praetorius zusammengetragenen historischen Stühle ein, den Kammerkonzerten auf Schloss Weißenbrunn zu lauschen. Seit 2019 finden diese regelmäßig statt; als künstlerische Leiterin hat Pia Praetorius von Anfang an hochkarätige Künstler nach Weißenbrunn geholt, weshalb die Konzerte auch das Gütesiegel „Musikzauber Franken“ tragen.
„Schlösser waren schon immer Kulturorte“, betont Pia Praetorius: „Der Adel hat sich gegenseitig eingeladen, um zu jagen und das Beste aus Küche und Musik zu servieren. Oft wurde auch selbst musiziert, das gehörte zur Bildung dazu.“ Musik als Genuss für einige wenige Privilegierte zu sehen, liegt ihr aber fern. „Im Volk wurde genauso Musik gemacht, in der Kirche, im Wirtshaus oder auf dem Dorfplatz!“ Wo immer die Musik spielte, wurde auch kommuniziert. Diesen Gedanken hat Pia Praetorius übernommen: „Musik ist für mich schließlich kein Bildungsprogramm, sondern dazu da, um das Leben zu feiern und zu begleiten.“ Deshalb ist es ihr wichtig, dass Konzertbesucher und Künstler miteinander ins Gespräch kommen können – zum Beispiel bei kulinarischen Kleinigkeiten nach dem Schlussapplaus oder bei den „Weißen Nächten“ im Barockgarten. Besonders freut es sie, dass ihr Publikum bunt gemischt ist: „Zu uns kommt Publikum von weither genauso wie direkt aus Weißenbrunn.“
„Musik begleitet und feiert das Leben“
Pia Praetorius
Zu Gast bei der Geigenmacherin
Wer für länger als nur einen Abend bleiben möchte, ist im Gästehaus willkommen, das an das Schloss angrenzt. Hier wohnen zum Beispiel auch die Musiker, die an den Kursen der Musikakademie im Schloss teilnehmen. Kein Wunder, dass Einrichtung und Gestaltung der vier Appartements von der Musik inspiriert sind. Derzeit planen Pia Praetorius und Wolfgang Kropp außerdem noch den Neubau eines Ensembles aus Konzerthaus, Gastronomie und Hotel, das die Verwandlung von Schloss Weißenbrunn in einen einzigartigen Kulturort abschließen soll.
Das soll es auch in Zukunft bleiben. „Mit dem Schloss haben wir uns eine große Verantwortung gekauft – und wir wissen, dass wir endlich sind“, erklärt Pia Praetorius. Deshalb haben die beiden auch eine Stiftung gegründet, die den Erhalt des Schlosses langfristig sichert. Doch bis dahin – das ist bei so viel barocker Einstellung gewiss – wird Pia Praetorius ihr Schloss noch oft mit Musik, glücklichen Gästen und sehr viel Lebensfreude füllen.
Wer nun Lust bekommen hat, einmal selbst ein Konzert auf Schloss Weißenbrunn zu besuchen oder die Nacht in einem der authentischen und liebevoll gestalteten Zimmer verbringen möchte, der findet weitere Informationen unter www.schloss-weissenbrunn.de. Weißenbrunn ist an das regionale Busnetz angeschlossen und die nahegelegene Stadt Ebern verfügt über einen stadteigenen VGN-Endbahnhof, wodurch das Schloss mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar ist.
©Dirk Eidner ©Pia Praetorius