Weihnachten im Lindenbaum: Krippenkunst im Obermain.Jura
Weihnachtskrippen gibt es in den unterschiedlichsten Ausformungen: von der mehrere Quadratmeter umfassenden orientalischen Krippe bis zur Miniversion in der Nussschale. Künstler Eckart Henzler aus Weismain im Obermain.Jura schnitzt das Weihnachtsgeschehen am liebsten direkt ins Holz und schafft so seine einzigartigen Baumstammbücher.
Wenn man Wein mit Familiennamen (und Sisi mit Vornamen) heißt, passt es wunderbar, wenn man über den Frankenwein schreiben darf. Und über Frankens kulinarische Besonderheiten. Über Natur, Traditionen und Kultur. Und nicht zuletzt über unglaublich spannende und gastfreundliche Menschen, die das Urlaubsland so besonders machen. Das tue ich nun, seitdem ich vor rund 20 Jahren als Journalistin vom Bayerischen Wald in den Naturpark Altmühltal gezogen bin.
Mit den Hausbesuchen begleiten wir Einheimische bei ihrem täglichen Wirken im Urlaubsland Franken. Eckart Henzler nimmt mich mit in seine Weihnachtswelt – denn heute darf ich dem Krippenkünstler bei seiner Holzarbeit über die Schulter schauen.
Werkstatt mit Flussblick
Erlach ist das Zuhause von Eckart Henzler. In dem Dorf, das als Ortsteil zu Weismain gehört, braucht es keine Straßennamen – dafür ist es viel zu klein. Und doch gibt es hier ein „Dorf im Dorf“: Henzlers Hof ist mit seinen Nebengebäuden das Zuhause von mehreren Familien, die hier ihren Traum von einer ökologischen Nachbarschaft leben.
Gleichzeitig ist der Hof auch Eckart Henzlers Arbeitsplatz – oder besser gesagt sein Schnitzplatz. Denn der Kunstpädagoge und Kunsttherapeut hat sich ganz dem Holz verschrieben. Meist sitzt er direkt auf dem überdachten Freiplatz gleich neben dem Eingang: Der Wind spielt mit den Holzspänen und vom Flüsschen Weismain, das vor dem Hof vorbeifließt, weht eine erfrischende Brise.
Die Krippe als Steckpuzzle
Vor seinem Stuhl hat Eckart Henzler auf einem Baumstamm sein Werkzeug ausgebreitet. Neben ihm steht ebenfalls ein großer Baumstamm – doch dieser erzählt die gesamte Weihnachtsgeschichte. Er ist eines der einzigartigen Baumstammbücher des Künstlers, die er aus hohlen Bäumen herausarbeitet. „Damit mache ich aus etwas, das nichts mehr wert ist, etwas Wertvolles“, erklärt Eckart Henzler seine Arbeit. Die Figuren für die Weihnachtsgeschichte sägt er zunächst aus dem Holz und bearbeitet sie dann mit der Hand. Die fertigen Figuren können wieder ins ursprüngliche Holz eingefügt werden – wie bei einem Steckpuzzle.
Tatsächlich war die Ursprungsidee für die Baumstamm-Krippen, die Eckart Henzler während seines langjährigen Aufenthalts in Russland entwickelte, die eines solchen Puzzles. Bald weitete er sie auf komplette Geschichten aus, die ganz ohne Text auskommen – etwa die von den Bremer Stadtmusikanten oder von Schneeweißchen und Rosenrot.
Von der Weihnachtsgeschichte bis zur Giraffe
„Besonders gefällt mir, dass trotz der Bearbeitung das Holz heil bleiben kann“, erzählt Eckart Henzler von seiner Arbeit. „Da war es nur noch ein kleiner Schritt bis zur Weihnachtsgeschichte, denn sie ist ja auch eine Heilsgeschichte.“ In einem Raum hinter seinem Schnitzplatz, an dem er sommers wie winters arbeitet, bewahrt er seine fertigen Arbeiten auf. Darunter sind auch Baumstammbücher, bei denen er die einzelnen Teile eines Stammes, in denen die Figuren sitzen, wie Buchseiten verbindet. Bis zu acht Seiten reihen sich so aneinander. Klappt man das Buch zusammen, hält man wieder einen kompakten Stamm in der Hand.
„Beim Schnitzen spüre ich die Kraft des Tieres.“
Eckart Henzler
Unter Eckart Henzlers Schnitzmesser entstehen neben den Krippen auch ganze Tierfamilien: Hühner, Pferde, oder Katzen sind darunter, aber auch Luchs, Wolf und Eichhörnchen oder Löwe und Giraffe. Alle liegen wunderbar glatt in der Hand, meist ist ihre Farbe naturbelassen. So leuchten die Tiere mal fast so hell wie Elfenbein, mal in warmem Braun, mal in dunklem Rot. Eckart Henzler arbeitet ausschließlich mit heimischen Hölzern wie Erle, Zwetschge, Apfel oder – als typischem Schnitzholz – der Linde.
Verspielt und einfach
Seine Tiere und Krippenfiguren sind auf das Wesentliche reduziert, denn die einfache Form hat es dem Schnitzer angetan: „Ich mag es nicht, wenn jeder Muskel eines Tieres so naturalistisch wie möglich herausgearbeitet wird. Das langweilt mich künstlerisch und ist mir sogar unangenehm.“ Wenn er schnitzt, will er „die Einfachheit spüren, die Ruhe und die Kraft des Tieres, an dem ich gerade arbeite“. Einfach bedeutet für ihn aber nicht ulkig: „Dafür habe ich zu viel Achtung vor den Tieren.“
Diese Achtung spürt man, wenn man die Tiere in der Hand hält. Sie sehen aber nicht nur schön aus, sondern haben auch einen großen Spielwert. „Die einfache Form regt die Phantasie an“, erklärt der Vater von vier Kindern. Die Krippen und Figuren verkauft er auf Weihnachtsmärkten, direkt auf dem Hof sowie über die Internet-Plattform „etsy“.
Ruhe genießen an der „Fränkischen Pforte“
Warum aber hat es Eckart Henzler, der in München geboren wurde und in Bremen studiert hat, nach zwölf Jahren in Russland nun ausgerechnet in das Obermain.Jura verschlagen? „Zunächst war das keine bewusste Entscheidung“, erinnert er sich. Er war vor allem auf der Suche nach einem Hof, den er „wie ein weißes Blatt Papier“ gestalten konnte. Schon bald aber zog ihn die Landschaft in ihren Bann: „Mit ihren Wäldern und Felsen ist sie sehr strukturreich: Das hat etwas Stilles, da tut sich schon am Wegesrand ein eigenes Reich auf.“
Das ist ein Setting, in dem sich auch Besucher:innen wohlfühlen und gerne wiederkommen – um zu entspannen, zu wandern, zu radeln oder um die Landschaft des Mainufers und die kulturellen Leuchttürme der „Fränkischen Pforte“ a la Staffelberg, Kloster Banz oder die Basilika Vierzehnheiligen zu entdecken. Und natürlich, um die Stille und Ruhe zu genießen, die auch jede Krippe und jedes Tier ausstrahlt, die am Schnitzplatz von Eckart Henzler entstanden sind.
Ob nun Weihnachtsgeschichte oder tierischer Begleiter – wer nun Lust auf fränkische Krippenkunst bekommen hat, kann Eckart Henzlers Webseite einen Besuch abstatten: www.baumstammbuch.de. Ebenso lohnt sich eine Auszeit in der ruhigen Flusslandschaft des Obermain.Jura: Im Winter lädt die Region ein auf entspannte Stunden in Bad Staffelstein, im Frühjahr, Sommer und Herbst bieten sich vielfältige Möglichkeiten zu wandern, zu radeln oder auch zum Mountainbiken. Weitere Informationen, auch zu Anreise mit den öffentlichen Nahverkehrsmitteln des VGN, finden sich unter www.obermain-jura.de.