Fürstliche Frauenpower in Bayreuth
Viele verbinden mit Bayreuth vor allem Richard Wagner. Bei einer Führung mit Claudia Dollinger wird klar, dass die Stadt zwischen Fichtelgebirge und Fränkischer Schweiz noch mehr zu bieten hat, darunter ein prachtvolles UNESCO-Welterbe. Einen Großteil davon verdankt Bayreuth einer besonderen Frau: der Markgräfin Wilhelmine.
Mein Name ist Barbara Keil, ich bin an der Grenze zum Reiseland Franken aufgewachsen und habe schon als Kind gerne meine fränkischen Verwandten besucht. Die Vielfältigkeit der Region ist mir erst bewusst geworden, als ich anfing beruflich als Redakteurin nach Franken zu reisen. Jeder Ausflug bietet neue überraschende Entdeckungen und spannende Begegnungen mit den Menschen vor Ort!
Von „Richard“ zu „Wilhelmine“
Während sie auf den Beginn der Stadtführung warten, entdecken zwei Damen eine lebensgroße Figur, die auf der Bank vor der Bayreuther Tourist-Information sitzt. „Das ist er doch!“, ruft eine und zückt aufgeregt die Kamera. „Freilich, das ist unser Richard“, bestätigt Claudia Dollinger lachend.
Der „Richard“ ist Bayreuths Star und seine Fans nutzen ausgiebig die Gelegenheit, ein Erinnerungsfoto zu schießen. Doch nachdem die Stadtführerin die Gruppe um sich versammelt hat, ist Richard Wagner erst einmal ganz weit weg. Stattdessen steht eine andere historische Persönlichkeit im Mittelpunkt: Markgräfin Wilhelmine.
„Alles, was wir an schönen Gebäuden in Bayreuth haben, verdanken wir Wilhelmine“, erklärt Claudia Dollinger. Die preußische Prinzessin und Lieblingsschwester Friedrichs des Großen war eigentlich dazu ausersehen, ins englische Königshaus einzuheiraten. Doch aus politischen Gründen ehelichte sie schließlich im Jahr 1731 Friedrich von Bayreuth: ein sozialer Abstieg für die Prinzessin, aber in mehrfacher Hinsicht ein Glücksfall für Bayreuth. Denn ohne die kunstsinnige Markgräfin hätte es wohl auch Wagner nicht in die Stadt im Fichtelgebirge verschlagen. Doch davon hört die Gruppe später mehr. Zunächst gewinnt sie einen Überblick über die Bayreuther Geschichte – und zwar vom Turm der Schlosskirche aus.
Von Fürstengräbern und Pudellocken
Die Kirche wurde ebenfalls unter Wilhelmine erbaut, die hier zusammen mit Mann und Tochter die letzte Ruhestätte fand. Der Turm selbst ist jedoch älter. Oben wartet neben dem rekonstruierten „Türmerstübchen“ ein beeindruckender Blick über die Altstadt, auf das Markgräfliche Opernhaus, die älteste noch arbeitende Synagoge in Deutschland und das Festspielhaus.
Mit kleinen Exkursen in die ältere und neuere Bayreuther Geschichte – zu den Stationen gehören etwa das Alte Rathaus, die alte Lateinschule mit dem Historischen Museum, die Stadtkirche mit der Hohenzollerngrablege und die Klavier- und Flügelfabrik Steingraeber – folgt die Tour weiter Wilhelmines Lebensweg. Claudia Dollinger verbindet unterwegs geschickt Historisches mit kleinen Anekdoten, zum Beispiel über den faulen Türmer, der mit Holz aus dem Dachstuhl der Kirche heizte. Auch Dichter Jean Paul, der seine Verehrerinnen aufgrund seines spärlichen Haupthaars mit Pudellocken beschenkte, wird ihr Publikum sicher lang im Gedächtnis behalten.
Ohne Wilhelmine kein Wagner
Der Weg führt vom Alten Schloss, in dem Wilhelmine nicht wohnen mochte, durch die Friedrichstraße zum prachtvoll ausgestatteten Neuen Schloss und in den idyllischen Hofgarten. Dass die Markgräfin mit ihrer Bauwut und Theaterleidenschaft beim Volk nicht eben beliebt war, findet die Stadtführerin nachvollziehbar. Ebenso hat sie Verständnis dafür, dass der französisch parlierenden Wilhelmine der fränkische Dialekt ihrer Untertanen unverständlich blieb.
Doch natürlich kommt auch Richard Wagner beim Stadtrundgang nicht zu kurz. An der Villa Wahnfried rückt Wilhelmine in den Hintergrund. Das Haus und die Nebengebäude beherbergen heute ein Museum, in dem unter anderem die Geschichte der Familie Wagner und der Festspiele (auch in der Zeit des Nationalsozialismus) thematisiert wird.
Bayreuths kulturelle Vielfalt
Was Wilhelmine mit Wagner zu tun hat, wird an der letzten Station des Rundgangs klar: Sie ließ das Markgräfliche Opernhaus, das heute zum UNESCO-Welterbe zählt, anlässlich der Hochzeit ihrer einzigen Tochter Elisabeth Friederike Sophie errichten. Die prächtige barocke Spielstätte fiel nach Wilhelmines Tod in einen Dornröschenschlaf und blieb so erhalten. Als Wagner ein Opernhaus speziell für seinen Zyklus „Der Ring des Nibelungen“ suchte, kam er deshalb nach Bayreuth. Der verspielte Barockbau sagte ihm zwar gar nicht zu, doch die Stadt war vorausschauend genug, ihm ein Grundstück auf dem „Grünen Hügel“ anzubieten, wo er seine Pläne verwirklichte.
Am Opernhaus verabschiedet sich Claudia Dollinger von den Gästen, gibt ihnen aber noch ein paar Anregungen mit auf den Weg: Zur Auswahl stehen unter anderem Open-Air-Konzerte am Festspielhaus und in der Wilhelminenaue, ein Ausflug auf Wilhelmines Spuren in die Eremitage oder eine Bayreuther Bratwurst in der Maximilianstraße, Bayreuths Einkauf- und Flaniermeile. Außerdem empfiehlt sie das „Liebesbier“ der Brauerei Maisel mit dem Urban Art Hotel, denn Bayreuth bietet neben der Welt der Festspiele und Markgrafen auch eine moderne Seite und – davon ist Claudia Dollinger überzeugt – „beide Welten sind einen Besuch wert“.
Bayreuth ist eine wahre Perle des Barocks und vereint mit Markgräfin Wilhelmine und Richard Wagner zwei ganz unterschiedliche Charaktere aus Kunst und Kultur. Mehr über Bayreuth und das reiche Erbe der Stadt findet sich unter www.bayreuth-tourismus.de. Die Wirkstätten von Wagner und Wilhelmine sind eingebettet in die malerische Mittelgebirgslandschaft des Fichtelgebirges, die für Aktivurlauber:innen ein breites Angebot bereit hält. Bayreuth und Umgebung gehören zum Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) und sind per Bus oder Bahn hervorragend zu erreichen: www.bayreuth-tourismus.de/service/anreise/