„Slow Fashion“ mit Herzblut im Frankenwald
Das Modelabel „bleed“ aus Helmbrechts im Frankenwald hat einen klaren Standpunkt: Mensch, Tier und Natur haben für die sogenannte „Fast Fashion“ genug gelitten. Dass Mode auch anders und vor allem nachhaltig sein kann, zeigen Gründer Michael Spitzbarth und sein kreatives Team mit jeder neuen Kollektion.
Wenn man Wein mit Familiennamen (und Sisi mit Vornamen) heißt, passt es wunderbar, wenn man über den Frankenwein schreiben darf. Und über Frankens kulinarische Besonderheiten. Über Natur, Traditionen und Kultur. Und vor allem über die Menschen, die das Urlaubsland so besonders machen. Das tue ich, seitdem ich vor rund 20 Jahren als Journalistin vom Bayerischen Wald in den Naturpark Altmühltal gezogen bin. So vereint meine Arbeit zwei meiner Lieblingsdinge: Schreiben und Reisen – denn noch immer ist jeder Recherche-Besuch in Franken wie Urlaub, bei dem unglaublich spannende und gastfreundliche Menschen meinen Horizont erweitern.
Mit den Hausbesuchen begleiten wir Einheimische bei ihrem täglichen Wirken im Urlaubsland Franken. Heute bin ich unterwegs im Frankenwald und besuche Michael Spitzbarth, der mit seinem Label „bleed“ auf nachhaltige Fashion setzt.
Paris, Mailand, New York – jeder kennt die großen Modemetropolen. Aber Helmbrechts? Ganz genau! Diese kleine Stadt im Frankenwald sollte jeder auf dem Schirm haben, der Wert auf nachhaltige, fair produzierte sowie vegane Sport- und Streetwear legt.
An sich hat der Frankenwald durchaus eine lange Textil-Geschichte, weshalb die Hochschule Hof am Campus Münchberg unter anderem den Studiengang Textildesign anbietet. Dort hat auch Michael Spitzbarth studiert: Jahrgang 1981, geboren und aufgewachsen im Nachbarort Helmbrechts, Sport- und Naturmensch durch und durch. Nach seinem Abschluss 2006 designt er zunächst für die großen Sportartikelhersteller und erhält dadurch Einblick in die sogenannte „Fast Fashion“. „Hier wird oft viel zu viel Ware mit immer schnelleren Kollektionswechseln produziert und letztendlich weggeworfen. Das konnte ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren“, erinnert sich der Designer. „Wenn jemand draußen Sport macht, darf er diesen Spielplatz nicht beschädigen – auch nicht durch die Kleidung, die er trägt.“ Nach zwei Jahren zieht Spitzbarth den Schlussstrich. Er hebt „bleed“ aus der Taufe. Den Namen wählt er bewusst. Für ihn haben „Natur, Mensch und Tier genug für die Mode geblutet“. Nachhaltig, fair und vegan soll die Mode seines Labels sein. Und so inspiriert seit 2008 die Natur Designs, Prints sowie Farbauswahl.
„Natur, Mensch und Tier haben genug für die Mode geblutet.“
Michael Spitzbarth
Die Auswahl im Laden am heutigen „bleed“-Standort in Helmbrechts bestätigt das: Hier dominieren Olivgrün, Senfgelb, Dunkellila oder Naturweiß sowie langlebige und nachhaltige Materialien wie Hanf, Leinen, Biobaumwolle, TENCEL™, Modal (TENCEL™), Kapok oder Kork. Sogar Garne aus alten Fischernetzen werden verarbeitet, mittlerweile bereichern auch Schuhe aus Reifenabfällen und Naturkautschuk das Angebot. Das schicke „bleed“-Zuhause war übrigens einst ein Autohaus aus den 1980er Jahren. Auch das gehört für Michael Spitzbarth ebenso wie der Büro-Teppich aus recyceltem Ozean-Plastikmüll oder die Ladeneinrichtung aus alten Gerüstbohlen zur Nachhaltigkeit. Soviel Konsequenz wird belohnt: nicht nur mit der Beliebtheit der „bleed“-Kleidung, sondern auch mit den Zertifizierungen „GOTS“ (Global Organic Textile Standard), „Peta approved vegan“ und „Global Recycled Standard“.
„Homegrown“ im Frankenwald
Der Style geht bei all dem nicht verloren: Deutlich ist bei den beiden jährlichen Kollektionen der Skater- und Snowboard-Einfluss Spitzbarths zu spüren. Besonders beliebt ist die Sonderkollektion „Homegrown“, die „bleed“ zusammen mit Frankenwald Tourismus entwickelt hat: mit Aufdrucken wie „Straight outta Franconian Forest“ oder der Silhouette von Frankenwald-typischen Felsen und Bergen. Somit bekommt die beliebte „Qualitätsregion Wanderbares Deutschland“ ihr ganz eigenes, grünes Merchandise. Übrigens: der Frankenwald ist auch eine optimale Radelregion, bietet Einblicke in den traditionsreichen Schieferbergbau und in die Welt der Flößerei und überzeugt etwa in Kulmbach oder Kronach auch als Kultur- und Kulinarikregion – quasi eine Waldlandschaft für wirklich alle! Deshalb findet sich etwa im Angebot von „bleed“ auch eine kuschelige Decke mit Fichtenmotiv – entstanden in Kooperation mit einer traditionellen Weberei aus Helmbrechts.
Selbst wenn es um die passenden Locations für die Katalog-Fotos geht, bleibt Spitzbarth am liebsten in der Nähe. „Bei uns gibt es so viele schöne Naturorte, da muss ich nicht mit den Models in den Flieger steigen.“ Der Frankenwald verliert für Michael Spitzbarth nie an Faszination. Damit sich seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die nicht aus der Region kommen, wohlfühlen, stehen gemeinsame „bleed“-Touren auf dem Programm – zum Beispiel ins Höllental, auf den Döbraberg oder in die Steinachklamm. Eine Taktik, die Michael Spitzbarth übrigens auch bei seiner Frau, „einer richtigen Städterin“, angewandt hat: „Ich habe ihr wochenlang die schönsten Sonnenauf- und -untergänge im Frankenwald gezeigt.“ Mit Erfolg: Mittlerweile wandert Spitzbarth nämlich nicht nur mit seiner Frau, sondern auch mit dem eigenen Nachwuchs durch den Frankenwald. Vielleicht erweitert „bleed“ seine Kollektion ja noch um Kinder-Outdoor-Mode. Mit Nachhaltigkeit kann man schließlich nie früh genug anfangen.
Wer nun neugierig geworden ist auf die nachhaltige Mode von „bleed“ und einen Besuch in Helmbrechts, findet weitere Informationen unter www.bleed-clothing.com. Der Frankenwald ist durch ein überregionales Bus- und Bahnnetz erschlossen, so gibt es auch eine Regionalbahnverbindung von Helmbrechts nach Münchberg und dadurch Anschluss an die Strecke Bamberg-Hof. Weil umweltverträgliches Handeln nicht nur in der Modebranche sondern ebenso in der Freizeitgestaltung eine große Rolle spielt, abschließend noch Hinweise zum richtigen Verhalten in Frankens Natur.
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