Abkürzung ins Radler-Glück

Drei Minuten dauert eine Fahrt mit der Mainfähre zwischen Nordheim am Main und dem
Volkacher Ortsteil Escherndorf. Radler:innen im Fränkischen Weinland schätzen diese „schwimmende Brücke“ genauso wie Wanderer:innen, Winzer:innen oder Autofahrer:innen, da sie ihnen einen rund zehn Kilometer langen Umweg an Land erspart. Fährmann Harald Kächelein bringt alle sicher von hüben nach drüben – oder eher „häisd‘n däisd“, wie es hier im Dialekt heißt.

Wenn man Wein mit Familiennamen (und Sisi mit Vornamen) heißt, passt es wunderbar, wenn man über den Frankenwein schreiben darf. Und über Frankens kulinarische Besonderheiten. Über Natur, Traditionen und Kultur. Und nicht zuletzt über unglaublich spannende und gastfreundliche Menschen, die das Urlaubsland so besonders machen. Das tue ich nun, seitdem ich vor rund 20 Jahren als Journalistin vom Bayerischen Wald in den Naturpark Altmühltal gezogen bin.

Mit den Hausbesuchen begleiten wir Einheimische bei ihrem täglichen Wirken im Urlaubsland Franken. Die Escherndorfer Fähre über den Main bildet eine wichtige „Brücke“ für Gäste und Einheimische gleichermaßen. Heute erfahren wir Insider-Informationen von Fährmann Harald Kächelein.

„Leinen los“ bei der Gierseilfähre

Die morgendliche Sommersonne glitzert auf dem Main, als die Fähre am Escherndorfer Mainufer anlegt. Am angrenzenden Campingplatz genießen Urlauber:innen gerade ihren Frühstückskaffee. Viele drehen ihre Stühle extra so, dass sie die Fähre gut im Blick haben. „Sie werden des Schauspiels nicht müde“, konstatiert Harald Kächelein.

Das gleiche gilt auch für ihn, denn Harald Kächelein ist Fährmann mit Leib und Seele: Wenn gegen 9 Uhr der Campingplatz zum Leben erwacht, hat sein Arbeitstag schon längst begonnen. In aller Frühe heißt es für ihn „Leinen los“ – obwohl für die Nordheimer Mainfähre eigentlich eher das Gegenteil gilt: Sie ist eine Gierseilfähre, wird also an zwei im Wasser verankerten Stahlhochseilen über den 75 Meter breiten Altmain geführt. Für eine Wasserschraube ist der Fluss an dieser Stelle zu niedrig. „Stattdessen drückt die Strömung die Fähre von einem Ufer ans andere“, erklärt Harald Kächelein. Nur das Einstellen der Seile übernimmt ein Motor.

© Sisi Wein

Bis auf einige Kanufahrer:innen, die beim Bootwandern den Main entdecken, hat die Fähre den Fluss ganz für sich. Die großen Kähne der Berufsschifffahrt sind auf dem Mainkanal unterwegs: Zusammen umfließen Kanal und Altmain die sogenannte Weininsel, auf der neben Nordheim am Main auch Sommerach liegt. Der Wein ist hier allgegenwärtig, rund 750 Hektar auf der malerischen
Insel im Fränkischen Weinland
sind mit Reben bestockt. Nordheim am Main gilt mit 450 Weinberg-Hektar sogar als größte Weinbaugemeinde Frankens.

Ein Kommunikationsort für alle

Die Fähre gibt bei der Überfahrt ein gemütliches „Tuckatucka“ von sich, das an einen Traktor erinnert. Tatsächlich wartet am Nordheimer Ufer auch schon ein Winzer mit seinem Bulldog auf die Überfahrt. Kaum ist er auf die Fähre gerollt, beginnen der Winzer und Harald Kächelein einen kleinen „Ratsch“ über das aktuelle Dorfgeschehen – man kennt sich schließlich. „Die Fähre ist auf jeden Fall ein Kommunikationsort“, ist sich der Fährmann sicher, „nicht nur für die Einheimischen, die regelmäßig die Fähre nutzen.“ Gerne gibt er Touristen Tipps, wo man gut essen gehen kann oder welche Heckenwirtschaft gerade offen hat. Das ältere Pärchen im silbernen Porsche, das gerade an Bord geht, ist darüber genauso dankbar wie der Trupp Radler:innen, den er ebenfalls mitnimmt.

Schwimmende Brücke zwischen den Weinbergen

Die Zahl der Radler:innen, die die Fähre nutzen, wird immer größer. Harald Kächelein führt dies vor allem auf die gestiegene Zahl von E-Bikes zurück: „Damit sind auch die steilen Wege durch die Weinberge kein Problem mehr“, stellt er fest: „Viele Radler:innen haben zum Beispiel die Lage Escherndorfer Lump und den dortigen Aussichtspunkt zum Ziel.“ Setzt er Richtung Escherndorf über, hat er diese berühmte und renommierte Weinlage immer im Blick.

© Sisi Wein

In der anderen Richtung breitet sich vor ihm das Panorama der Nordheimer Häuserzeilen aus. Genau dort wohnt Harald Kächelein, keine fünf Minuten braucht er zu Fuß zur Arbeit. Früher hat er als Schreiner gearbeitet, doch die Fähre und der Main haben ihn schon immer fasziniert. Vor vier Jahren hat er deshalb umgesattelt und sein Fährpatent gemacht. Seitdem ist er zusammen mit zwei weiteren hauptamtlichen Kollegen für die Fähre zuständig: „Wir fahren von 6 Uhr morgens bis 20 Uhr abends und legen auch ab, wenn nur ein Fahrgast am Ufer steht.“

So ein Arbeitstag bedeutet also jede Menge „häisd‘n däisd“, aber langweilig wird es Harald Kächelein in seinem Führerhäuschen nie: „Im Sommer ist immer richtig viel los und wenn es im Winter mal ruhiger wird, braucht man einfach ein gutes Buch.“ Vor allem aber liebt er die Kulisse und wie sich die Landschaft im Lauf der Jahreszeiten verändert. „Es ist ein schöner Beruf“, so der Fährmann mit Überzeugung, „denn beim Rüberfahren fährt man so schön runter“. Das finden auch seine radelnden Gäste: Am anderen Ufer angekommen, würden sie die Fahrt gerne verlängern. „Oh, so kurz“, ist die einhellige Meinung – aber dafür wartet auf sie zur Entschädigung eine genussvolle Tour durch die Weinberge.

Harald Kächelein berichtet von seinen Erfahrungen als Fährmann auf der Mainfähre zwischen Nordheim und dem Volkacher Ortsteil Escherndorf. Ob Radler:innen, Wanderer:innen, Winzer:innen oder Autofahrer:innen – alle freuen sich über die Abkürzung mit der „schwimmenden Brücke“ und einen Plausch an Bord. Noch mehr Informationen über die Weinregion finden sich unter www.fraenkisches-weinland.de. Die Destination ist Teil des Verkehrsverbund Mainfranken und per Bus und Bahn gut erschlossen. Außerdem bietet das Fränkische Weinland von April bis Oktober einen Freizeitbus für Radler:innen und Wanderer:innen an, der Gäste flexibel von Ort zu Ort bringt.

Sisi Wein

Verfasst von Sisi Wein
am 17. Mai 2024 unter Allgemein, Radelparadies Franken, Weinland Franken mit den Schlagwörtern main, Mainradweg, Radfahren, Weinland Franken.

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